3 Dinge, die mehrsprachiges Aufwachsen nicht fördern
Ich werde oft gefragt, ob ich ein Buch zu mehrsprachigem Aufwachsen empfehlen kann. Meine Antwort immer: Meines ist noch nicht fertig geschrieben. Und das sage ich nicht, weil ich keine Empfehlungen weitergeben mag. Sondern weil ich leider zu viele Bücher gesehen habe, die empfehlen, einfach so zu tun, als ob du dein Kind nicht verstehen würdest, wenn es nicht in deiner Sprache mit dir spricht.
Immer noch empfehlen Menschen, den Kindern Dinge erst zu geben, wenn sie in der „richtigen“ Sprache danach fragen. Und immer noch verfallen Menschen in einen Prüfungsmodus, wenn sie es mit einem mehrsprachig aufwachsendem Kind zu tun haben. Aber der Reihe nach:
Warum ist es keine gute Idee, so zu tun, als ob du dein Kind nicht verstehen würdest?
Kurz gesagt: Weil du dein Kind damit effektiv anlügst.
Und wenn wir da etwas genauer hinschauen: du weißt ja ganz genau, was dir dein Kind gerade sagen möchte. Du entscheidest dich in diesem Moment, die Sprachwahl deines Kindes über die Beziehung zu ihm zu stellen.
Die Kommunikation zwischen euch beiden ist aber eine der essentiellsten Komponenten in eurer Beziehung und du unterbrichst diese in dem Moment, in dem du so tust, als ob du dein Kind nicht verstehen würdest. Du stellst in dem Moment die Sprache über die Beziehung zwischen euch beiden.
Und das ist in jedem Fall immer eine schlechte Entscheidung.
Du riskierst damit nicht nur, dass dein Kind eine Abneigung gegen deine Sprache entwickelt (oder weiter ausbaut), sondern auch, dass eure Beziehung dauerhaft Schaden erleidet.
Warum du nicht eine bestimmte Sprache verlangen sollst?
Genauso wenig ist es aber eine gute Idee, deinem Kind das Gewünschte erst zu geben, wenn es dich in der „richtigen“ Sprache danach fragt. „Das Eis bekommst du nur, wenn du auf Spanisch danach fragst.“
Der Lerneffekt ist dabei praktisch null. Also, was die Sprache anbelangt. Das Kind lernt dadurch sehr wohl viele andere Dinge. Dass dir die Sprache wichtiger ist als seine Wünsche oder Bedürfnisse. Dass es, wenn es etwas von dir möchte, mit der „richtigen“ Sprache eine größere Chance darauf hat. Dass es etwas bestimmtes sein oder tun muss, um deine Wertschätzung zu bekommen.
Sprachlich ist der Effekt nahezu Null. Denn weder erweitert das Kind damit seinen Wortschatz, noch seine Grammatik, noch wird seine Freude an der Sprache gestärkt und gefördert.
Warum du dein Kind nicht abprüfen sollst?
Und dann gibt es noch die leidige Praxis des Abprüfens. Was heißt das auf Italienisch? Wie sagt der Papa da dazu? Kannst du das übersetzen?
Also, ich rede hier nicht von Situationen, in denen du ehrlich und aufrichtig die Hilfe deines Kindes bei der Übersetzung brauchst. Ich nehm da meine Kinder gern her dafür, denn das stärkt ihr Selbstbewusstsein und ihren Stolz auf ihr sprachliches Können. Aber bitte nur, wenn es ehrlich ist und nicht, wenn es ein stumpfes Abfragen der Kompetenz ist.
Denn wenn sie es ohnehin wissen, was sollen sie denn dann bitte sprachlich davon haben. Und wenn sie es nicht wissen? Auch nicht cool für die Sprachkompetenz. Oder magst du gerne Wissen abgefragt werden, wo du dann sagen musst, du weißt es nicht?
Warum spricht denn dein Kind mit dir überhaupt in einer anderen Sprache?
Wenn dein Kind dir nicht in deiner Sprache antwortet, dann hat es dafür mit Sicherheit einen guten Grund. (Und um eines gleich klarzustellen: Faulheit ist es nicht!)
Gründe sind so unterschiedlich wie die Kinder selbst und manchmal kann es durchaus dauern, bis Eltern drauf kommen, warum ihr Kind gerade lieber eine andere Sprache verwendet. (Wie ich zum Beispiel bei einem meiner Kinder. Diese Geschichte habe ich hier schon mal erzählt.)
Was aber kannst du tun?
Als allererstes und oberstes Gebot: Kommunikation nicht unterbrechen. Einfach in deiner Sprache antworten. Am besten machst du das, was ich dir schon einmal hier als ‚korrektives Feedback‘ vorgestellt habe. So hört dein Kind gleich, was es in deiner Sprache hätte sagen können.
Das war der einfache Teil.
Aber natürlich wollen wir, das unsere Kinder unsere Sprache nicht nur verstehen, sondern auch sprechen. Und hier wird’s jetzt ein bissl komplizierter.
Denn im nächsten Schritt gilt es ein Umfeld zu schaffen, in dem dein Kind sich sprachlich ganz entfalten kann. Ein Umfeld, in dem es deine Sprache gerne verwendet und mit dir von sich aus deine Sprache redet.
Nur dafür gibt es kein allgemein gültiges Rezept. Das schaut für jede Familie individuell anders aus.
Wie es andere bereits geschafft haben
Die 3-fach Mama Angela zum Beispiel hat es mit ihrer individuellen Strategie innerhalb von wenigen Wochen geschafft, Zuhause ein Umfeld zu schaffen, in dem beide ihre Kinder plötzlich beginnen konnten, Deutsch mit ihr zu sprechen. Und das, nachdem sie ihr 6 bzw. 7 Jahre lang ausschließlich (!) auf Spanisch geantwortet hatten. Ihre Geschichte hat sie übrigens hier im Podcast erzählt.
Oder Angel, spanisch-stämmiger Papa eines 15-jährigen Teenagers, hat innerhalb von kürzester Zeit die primäre Kommunikationssprache Zuhause von Deutsch wieder auf Spanisch umgestellt. Sodass ihn sein Sohn sogar dann auf Spanisch angesprochen hat, wenn er seinen Papa angerufen hat. Darüber haben wir vor einiger Zeit auch hier im Podcast gesprochen.
Und all das, ohne dass irgendjemand so getan hätte, als würde er die Kinder nicht verstehen oder sonstige dubiose Methoden angewandt hätte.
Aber was beide getan haben: Sie haben sich bewusst und intensiv mit dem Thema beschäftigt und herausgefunden, was bei ihnen Zuhause konkret geändert gehört, damit die Kinder endlich auch ihre Sprache gerne sprechen können.
Dazu gehört eine ordentliche Portion Offenheit, die unbedingte Bereitschaft, etwas zu verändern, und die Fähigkeit, sich auch mal Dinge sagen zu lassen, die im ersten Moment vielleicht etwas weh tun. Aber im nächsten Schritt alles verändern können.
Sowohl Angel als auch Angela waren im Multilingual Momentum Club dabei. Meinem 6-Monatsgruppenprogramm für Eltern mehrsprachiger Kinder ab 18 Monaten.
Dieses Programm ist das weltweit einzige Langzeit-Gruppenprogramm für Eltern mehrsprachig aufwachsender Kinder. Es ist eine einzigartige Kombination aus Gemeinschaft, individueller Betreuung (wobei du bestimmen kannst, wie intensiv die ist, indem du eine von zwei möglichen Varianten buchen kannst), Wissen, praktischen Tipps und einer gehöriger Portion Motiviation (und bei Bedarf auch durchaus mal Popo-Tritten). Melde dich bei mir, wenn du dabei sein möchtest.
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