Der eine Tipp für mehrsprachige Familien

Geschätzte Lesezeit: 4 Minuten

Vor kurzem habe ich wieder eine Nachricht auf Instagram bekommen mit in etwa folgendem Inhalt: Ich habe diese eine Herausforderung, kannst du mir den einen Tipp geben, wie ich das ändern kann.

Ich habe diesen heiligen Gral nicht. Ich hab nicht den einen Tipp, wie du dein Kind dazu bekommst, deine Sprache zu sprechen. Es gibt nicht den ultimativen Trick, wie sich ab heute alles bei euch Zuhause so entwickelt, wie du dir das erträumst.

Es ist wie Abnehmen

Ist ein bisschen so wie mit dem Abnehmen. Da gibt es auch nicht den einen Trick, sondern die Methodik muss zu dir und deinem Leben passen. Du musst es im Alltag umsetzen können. Es nützt nichts, wenn ich dir sage, du sollst ab 16:oo Uhr nichts mehr essen, wenn das gemeinsame Abendessen ein zentrales Familienritual ist, bei dem ihr euch alle verbindet.

Wenn es solche Lösungen gäbe, wären alle Familien mega erfolgreich und alle mehrsprachigen Kinder würden alle Sprache fließend sprechen.

Dem ist aber nicht so.

Jede:r kann abnehmen

Gleichzeitig weiß ich: genauso wie jeder Mensch, der es wirklich möchte, abnehmen kann, so kann jede mehrsprachige Familie ihre Sprache so erfolgreich leben, dass die Kinder sie fließend und gerne sprechen lernen. Egal, wo diese Familie jetzt gerade steht. Egal, wie alt die Kinder jetzt sind.

Natürlich bist du jetzt trotzdem skeptisch, ob sich auch bei dir wirklich noch was ändern lässt. Du hast ja noch nicht gesehen und erlebt, was ich schon alles gesehen und erlebt habe.

Stell dir vor …

Aber nur für einen Augenblick stell dir vor, deine Herausforderungen müssen nicht bestehen bleiben. Stell dir vor, wie du dich wieder viel sicherer in deiner Sprache fühlst und konsequenter dabei bleibst. Wie du erlebst, wie dein Kind deine Sprache spricht, und zwar mit Freude und ganz selbstverständlich. Und zwar egal, ob dein Kind schon Kenntnisse hat oder ihr ganz von vorne anfängt. Stell es dir einfach einmal kurz vor. Denn ich weiß, dass es für dich auch möglich ist.

Warum ich das weiß? Weil ich es nicht nur bei unzähligen Familien schon begleitet habe, sondern es auch aus erster Hand von meinen eigenen Kindern kenne. 

Wie ich sauer auf meinen Mann wurde

Ich weiß noch genau, wie ich aus dem Büro hoch ins Wohnzimmer gekommen bin und richtig grantig auf meinen Mann war. Ich kam gerade aus einem Call meines Gruppenprogrammes und wieder hatte eine Mama berichtet, dass eines ihrer Kinder begonnen hatte Deutsch mit ihr zu sprechen. Ihre Kinder hatten 6 und 7 Jahre nur Spanisch mit ihr gesprochen, und unter meiner Begleitung begannen die Mädchen in kürzester Zeit Deutsch zu antworten. (In dieser Podcastfolge erzählt diese Mama übrigens selbst davon.)

Warum schafften das alle anderen, denen ich beiseite stand, nur mein Mann nicht? Warum sprechen unsere Kinder Zuhause immer noch nur Deutsch, obwohl sie doch auch Griechisch könnten. Alle drei unserer Kinder sprechen mit unseren Verwandten problemlos auf Griechisch. Nur halt nicht mit dem Papa. 

Ohne Vorwarnung bin ich ihn quasi gleich angesprungen. Du musst wieder mehr mit ihnen machen. Besorg dir Bücher. Erzähl ihnen wieder mehr Geschichten. Sing wieder mit ihnen so wie früher. Und während ich redete wurde ich immer ärgerlicher. Wie peinlich, alle anderen schaffen es, nur bei uns klappt es nicht? Unser Kinder können doch Griechisch, warum sprechen sie es nicht. Warum kümmert er sich nicht mehr drum. 

Ich war nicht unbeteiligt

Und gleichzeitig auch das Gefühl, das ich versagt hatte. Denn nach 8 Jahren müsste mein Griechisch doch bitte schon längst so fließend sein, dass wir es alle Zuhause sprechen könnten. Von all den Menschen in der Welt, bin ich doch eine von denen, die weiß, wie es funktioniert. Und somit auch weiß, das wir Griechisch längst zur Familiensprache hätten machen sollen.

Das hab ich natürlich in dem Moment nicht zugegeben. In dem Moment war es einzig und allein die Schuld meines Mannes. Ist ja seine Sprache. Und ich weiß ja, dass es anders geht.

Aber mein schlechtes Gewissen blieb. Also beschloss ich, dass ich mein Griechisch verbessern wollte. Nicht weil ich glaubte, meinen Kindern qualitativ hochwertigeren Input liefern zu können oder weil ich die Rolle meines Mannes übernehmen wollte. Himmel nein! Sondern weil es ja wirklich an der Zeit war, etwas zu ändern. Ich wollte immer schon Griechisch sprechen können. Und jetzt hatte ich 8 Jahre lang die Gelegenheit mehr oder weniger verstreichen lassen. Also begann ich mich aktiv damit auseinanderzusetzen und Zuhause öfter zu sprechen. Nicht viel. Aber die Kinder bekamen mit, dass mir mein Griechisch wichtig war.

Und scheinbar plötzlich war alles anders

Ich werde nie vergessen, wie ich letztes Jahr an einem milden Spätsommerabend in den Garten komme, wo mein Mann unsere Mittlere auf der Schaukel am Kirschbaum antaucht. Sie lacht übers ganze Gesicht und strahlt, sie hat sichtlich Spaß und genießt die 1:1 Zeit mit dem Papa.

Aber ich dachte ich träume, als ich hörte, wie unser Kind Griechisch mit ihrem Papa spricht. 6 Jahre war sie da schon alt. Und obwohl wir wussten, dass sie ganz hervorragend Griechisch sprechen kann, und sie es mit allen griechischen Verwandten immer sehr selbstbewusst gesprochen hat, hat sie es Zuhause mit dem Papa nie verwendet. Also wirklich nie. Immer nur Deutsch.

Obwohl ihr Papa nie auch nur ein einziges Wort Deutsch mit den Kinder spricht. Als ich da eben in den Garten kam, riesengroße Augen – und Ohren – hatte, hat mich mein Kind gleich wieder weggeschickt. Sie spricht nur Griechisch, wenn sie alleine mit dem Papa ist, ich darf das auf keinen Fall hören. Ich bin sofort wieder hineingegangen und hab innerlich gejubelt wie nur was. Es war der Durchbruch, auf den wir so lange gewartet haben. 

Was war geschehen?

Was war geschehen? Sie war nicht nur älter geworden, wir hatten auch die gesamte Sprachdynamik Zuhause verändert. Mein Mann und ich sprachen nicht nur öfter Griechisch miteinander, wir sprachen auch viel ÜBER Griechisch. Und nach und nach hat das auf die Kinder abgefärbt.

Heute sprechen alle drei täglich Griechisch mit ihrem Papa.

Und da habe ich nicht nur in meinem Kopf, sondern in jeder Faser meines Körpers verstanden: Wenn du es schaffst, die Sprachdynamik in deiner Familie zu verändern, dann wird sich das Sprachverhalten deines Kindes über kurz oder lang von selbst ändern.

Muss dafür die ganze Familie an einem Strang ziehen? Muss dein Partner oder deine Partnerin dafür deine Sprache lernen? Nein. Ganz entschieden: Nein! Unseres ist nur ein Beispiel von vielen, wo es gelungen ist, die Sprachdynamik so zu beinflussen, dass die Kinder sich ganz neu entfalten konnten.

Nach über 5 Jahren Erfahrung in der Begleitung von Familien kann ich dir versichern: ich kann auch dir zeigen, wie du die Sprachdynamik in deiner Familie so verändern kannst, dass Dinge möglich werden, die du im Moment noch nicht mal zu träumen wagst.

Schick mir jetzt eine Nachricht an bettina@dielinguistin.at und ich sage dir, wie ich dich am besten unterstützen kann.

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