Was hast du davon, wenn dein Kind deine Sprache sprechen kann?

Geschätzte Lesezeit: 4 Minuten

So oft denken wir nur daran, was unsere Kinder davon haben, wenn sie unsere Sprachen lernen. Das ist vieles und das motiviert Eltern auch enorm, die Mehrsprachigkeit in der Familie am Leben zu erhalten. Darüber habe ich in diesem Artikel bereits geschrieben.  

Aber wir vergessen darüber oft, dass auch wir Eltern etwas davon haben, wenn unsere Kinder unsere Sprache verstehen und sprechen. Darum ist das immer eine der Fragen, die ich Eltern stelle, die mit mir länger zusammenarbeiten. Was hast du davon?

Heute mache ich diese Übung erstmals für mich. Und lasse dich an meinem Ergebnis teilhaben.

Ich vor 10 Jahren in den Niederlanden versus heute

Ich denke dabei an mein früheres Ich, 2013/2014, als wir noch in den Niederlanden gelebt haben und ein Umzug nach Österreich noch nicht in unmittelbarer Aussicht stand. Ich weiß noch genau, wie es mir damals gegangen ist, wenn ich daran gedacht habe, dass mein Kind in den Niederlanden im Betreuungssystem starten könnte. Was ich gefühlt habe und wie wichtig es mir damals war, meine Sprache und Kultur an mein Kind weiterzugeben.

Jetzt, seit vielen Jahren in Österreich lebend, scheint das in weiter Ferne. Es ist ein unglaubliches Privileg, dass ich praktisch nichts für das Deutsch meiner Kinder tun muss. Als Mutter von dreisprachigen Kindern bin ich mir dessen sehr bewusst.

Deutsch ist einfach da. Ohne groß drüber nachzudenken. Aber was das für mich persönlich, als ihre Mama, bedeutet, geht tief.

Was mir Sprache bedeutet

Ich liebe Sprache. Immer schon. Ich liebe es, wenn sich jemand gut ausdrücken kann und ich finde klugen Wortwitz unglaublich sexy. 

Ich liebe es selbst, mit Sprache zu spielen. Schon als die Kinder ganz klein waren, habe ich ständig Wortspiele gemacht. Bis heute ist es nicht ungewöhnlich, in unserer Familie zu hören, dass jemand in die Wadebanne* geht oder Tschalapinken* isst.

Das ist etwas, das meine Kinder und mich enorm verbindet. Sie sind so an meine Wortspielereien gewöhnt, dass sie mich manchmal sogar auf Wortspiele aufmerksam machen, die mir entgangen sind. Das sind ganz besondere Momente der Verbindung.

Sprache und Humor

Ich liebe österreichisches Kabarett. Den ihm ganz eigenen österreichischen Schmäh, die österreichische Seele, die auch durch die Sprache so deutlich sichtbar wird und auf der Bühne von so vielen hervorragenden Künstlern so präzise gezeichnet wird. Das ist ein Teil österreichischer Kultur, der vollkommen auf Sprache aufbaut.

Es tut mir immer wieder leid, das nicht mit meinem Mann teilen zu können. Denn auch wenn sein Deutsch hervorragend ist: Kabarett ist sprachlich gesehen next level, gerade österreichisches Kabarett lebt oft auch von dialektalen Färbungen und das tiefe Verständnis für die Kultur wird so oder so immer fehlen.

Noch sind unsere Kinder zu jung dafür, aber eines Tages werde ich mit ihnen ins Kabarett gehen können. Und sie werden genau so lachen können wie ich. Weil sie die Sprache und Kultur auf eine einzigartige Weise verstehen. Bis dahin gehen wir gemeinsam ins Theater, ebenfalls eine Kunst, die ganz viel von Sprache abhängt.

Die Welt der Bücher

Bücher bilden, seit ich lesen kann, einen essenziellen Teil meines Lebens. Eine Welt, in der ich seit jeher Sicherheit und Inspiration gefunden habe. Mit meinen Kindern gemeinsam Bücher aus meiner Kindheit lesen zu können, ihnen Bücher, die mich geprägt und beeindruckt haben zum Lesen zu geben, ermöglicht es mir, mich ihnen auf eine Art und Weise zu zeigen, die ohne die Sprache nicht möglich wäre.

Mein Dialekt

Apropos Zeigen: Ich bin in Oberösterreich aufgewachsen. 19 Jahre meines Lebens habe ich praktisch nur Dialekt gesprochen. Und auch wenn ich mit meinen Kindern viel österreichisches Standarddeutsch spreche, hören sie täglich auch Dialekt von mir (vor allem, seit wir wieder in Österreich leben). Und ganz ehrlich: manchen Gefühlen kann man nur im Dialekt so richtig Ausdruck verleihen. Diese feinen Nuancen würden völlig verloren gehen, wenn sie meine Sprache nicht sprechen würden. Oder wie sollte ich bitte in einer anderen Sprache authentisch “sapperlott” sagen???

Die Welt der Musik

Und dann ist da noch die Musik. Ok, da teilen wir auch ganz viele englische Lieder, bei denen wir gemeinsam lauthals mitgrölen. Aber die ganzen Kinderlieder, Weihnachtslieder und auch Klassiker der österreichischen und deutschen Musikszene gehören für mich da dazu. Es ist mir wichtig, das auch an meine Kinder weiterzugeben, weil uns das eben auch wieder verbindet. Und weil sie mich dadurch auch auf eine ganz neue Art und Weise kennenlernen.

Die Beziehung zur Oma

Was mir auch ganz viel bedeutet – und was definitiv in dieser Form nur durch die gemeinsame Sprache möglich ist – ist die Tatsache, dass meine Mama neben meinem Mann und mir eine der allerwichtigsten Bezugspersonen meiner Kinder ist. Das macht natürlich was mit meiner Mama, aber eben auch mit mir.

Es ist schön, diese Beziehung zu sehen, zu spüren – und! – zu hören! Es geht eben nix über ein “Oma! Oma! Oma!” eines aufgeregten Zweijährigen oder den Klingelton, den meine Kinder für meine Mama aufgenommen haben: “Oma! Telefon! Komm schnell!” Damit hat meine Mama schon oft Blicke auf sich gezogen und Lächeln ins Gesicht anderer Menschen gezaubert.

Authentische Beziehung

Für mich ist eine Welt, in der ich all das nicht mit meinen Kindern teilen kann, nicht vorstellbar. Mich meinen Kinder so zeigen zu können, wie ich bin, meine Geschichte, meine Interessen und der Ausdruck meiner Emotionen hängen direkt mit meiner Sprache zusammen. Das möchte ich um nichts in der Welt missen.

Was sind deine Gründe?

Natürlich ist das jetzt meine ganz persönliche Perspektive. Deine Gründe werden vielleicht ähnliche, vielleicht ganz andere sein.

Wenn du selbst zweisprachig bist, dann ist die Antwort auf diese Fragen vielleicht auch gar nicht immer so einfach. In welcher Sprache kannst du dich wann am authentischsten zeigen? Was verbindest du mit deinen Sprachen? 

Antworten auf all diese Fragen (und noch mehr) bilden in meiner Arbeit mit Familien immer das Fundament, auf das wir dann aufbauen. Das Fundament kommt vor der konkreten Förderung im Alltag, vor Strategien und Plänen. Das Fundament ist dafür da, dich die nächsten Jahre zu tragen. 

Darum lade ich dich dazu ein, deiner Motivation mal so richtig auf den Grund zu gehen. Und wenn du Lust hast, mit mir gemeinsam ein richtig solides Fundament für die Mehrsprachigkeit in deiner Familie zu schaffen, dann schick mir eine Nachricht an info@dielinguistin.at Gemeinsam rocken wir das garantiert.

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