Warum mischen zweisprachige Menschen ihre Sprachen?

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Ganz einfach: weil sie es können. Und damit könnte dieser Text auch schon zu Ende sein.

Aber stopp! Nicht so schnell. Denn offensichtlich ist das eine Frage, die ganz viele beschäftigt. Fangen wir auch gleich mal von hier an. Warum ist dieses Thema überhaupt so ein großes? Sprachenmischen ist mit ganz klaren Vorurteilen behaftet. Menschen, die das machen, würden keine Sprache wirklich beherrschen. Oder sie würden angeben wollen. Es wäre willkürlich, unkontrolliert und überhaupt einfach nur Ausdruck von Chaos im Kopf.

Ist das Mischen von Sprachen ein Zeichen von fehlendem Wissen?

Räumen wir das gleich mal aus dem Weg: Solange ein Mensch – egal ob groß oder klein – in der Lage ist, beide Sprachen klar von einander getrennt zu verwenden, wenn es das Umfeld erfordert, ist erst mal alles im Lot. Was zu tun ist, wenn das nicht der Fall ist, darauf komme ich ganz zum Schluss noch einmal zurück.

Der Normalfall ist eben folgender: zweisprachige Menschen können klar getrennt kommunizieren. Wenn ich mit meiner Mama spreche, werde ich weder englische Wörter – Anglizismen – noch griechische Wörter – Gräzismen – verwenden. Denn meine Mama versteht weder das eine noch das andere wirklich.

Sprachenmischen in der Praxis

Wenn ich aber beispielsweise mit meiner Freundin Olga rede, dann kann es schon mal sein, dass wir in einem Gespräch zwischen Englisch und Deutsch hin- und herwechseln, wie wir gerade lustig sind. Warum? Weil wir es eben können. Und zwar beide beides.

Wir verstehen bestimmte Nuancen auf Englisch genauso wie auf Deutsch, wissen, wann welche Sprache was besser ausdrücken kann und nehmen, das, was uns gerade besser reinpasst oder schneller in den Sinn kommt. Alles ganz übliche Gründe für das Mischen von Sprachen.

Das kann mal ein englisches Wort in einem deutschen Satz sein, das kann mal eine eingebaute Phrase oder vielleicht sogar ein ganzer englischer Satz sein. Es ist in jedem Fall immer sichergestellt, dass wir uns – im normalen Rahmen eines Gesprächs eben – verstehen.

Sprachenmischen aus wissenschaftlicher Sicht

Aus wissenschaftlicher Sicht ist das Phänomen übrigens auch höchst interessant. Wir sprechen dann von Code Switching oder Code Mixing, wobei die Begriffe manchmal gleichbedeutend verwendet werden, manchmal unterschiedlich, je nach Autor. Für unsere Zwecke hier fasse ich es erst einmal zusammen.

Entgegen landläufiger Meinung passiert dieses Code Switching nämlich nie willkürlich. Spannend ist, zum Beispiel, dass es normalerweise eine Sprache gibt, die hauptsächlich verwendet wird und in die dann eine andere hineingemischt wird. Das, was wir hineinmischen, wird aber den grammatikalischen Regeln der hauptsächlich verwendeten Sprache unterworfen. So konjugieren wir dann plötzlich englische Verben auf Deutsch und machen aus einem englischen „shoot“ ein deutsches „geshootet“. Oder türkische Nomen werden auf Deutsch dekliniert und mit einer deutschen Präposition versehen.

Und was ist, wenn Kinder Sprachen mischen?

Im Grunde genommen funktioniert das Sprachenmischen bei Kindern genauso wie bei Erwachsenen. Mit einer Ausnahme: Wenn zweisprachige Kinder zu sprechen beginnen, bedienen sie sich anfangs erst einmal von überall. Ohne Rücksicht auf Verluste oder Grammatik. Alles ist darauf ausgerichtet zu kommunizieren und dazu verwenden sie erst einmal alle Wörter in allen Sprachen, die ihnen zur Verfügung stehen.

Meist verstehen aber auch Kinder sehr schnell, wo Mischen angebracht ist, weil es verstanden wird, und wo sie es besser sein lassen, weil das Gegenüber nicht beide Sprachen beherrscht. Als mein Jüngster mit 28 Monaten in die Kleinkindergruppe kam, übergab ich der Pädagogin einen DIN A4 Zettel mit gut 60 Wörtern, die er bis dahin ausschließlich auf Griechisch gesagt hatte. Mit dem Effekt, dass sie ihn nie brauchte, weil er in der Kleinkindergruppe, in der alle nur Deutsch gesprochen haben, völlig selbstverständlich zu 100% Deutsch gewechselt hat.

Bei Kindern genauso wie bei Erwachsenen wollen wir also im Endeffekt sehen, dass sie in beiden Sprachen getrennt voneinander kommunizieren können. Darum ist es auch so wichtig, dass vor allem Babies und Kleinkinder die Sprachen getrennt erleben.

Natürlich gehört es in vielen Communities dazu, dass die Sprachen im Alltag häufig und oft non-stop gemischt werden. Darum ist es auch völlig normal und wichtig, dass Kinder das auch hören dürfen. Aber in der direkten Kommunikation mit den Kindern sollte vor allem in den ersten Jahren darauf geachtet werden, dass sie möglichst viel getrennten Input bekommen. Denn nur so kann das Gehirn des Kindes auch erkennen, dass es sich um getrennte Sprachen handelt, die auch entsprechend abgespeichert und verwendet werden können.

Wann Spachenmischen zum Problem wird

Das Mischen von zwei Sprachen wird dann zum Problem, wenn Menschen die Sprachen i n keinem Kontext getrennt voneinander verwenden können. Denn das führt unweigerlich zu Verständigungsproblemen.

Was kann man dann tun? Dann hilft nur mehr gezieltes Auseinandersetzen mit beiden Sprachen getrennt voneinander. Wie das im Einzelfall ausschauen kann, hängt von ganz vielen Faktoren ab und bedarf in jedem Fall einer individuellen Lösung.

Sprachenmischen ist ein Zeichen der Genialität

In den allermeisten Fällen ist die Fähigkeit, Sprachen mischen zu können, aber schlichtweg ein Zeichen von besonderer Flexibilität, Sponaneität, Kreativität, Genialität und auch von einem enorm hohen Anpassungsvermögen und ausgeprägtem sozialen Verständnis.

Darum keine Angst vorm Sprachenmischen. Seid stolz darauf, wenn euer Kind es kann, denn es macht unglaublich viel Spaß diese besondere Fähigkeit zu entwickeln, begleiten und vor allem sie zu leben, wann auch immer sich die Gelegenheit dazu bietet. Ich jedenfalls freue mich jetzt schon auf mein nächstes Gespräch mit Olga, wenn wir wieder munter drauf los switchen.

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