Sicher fliegen mit Babys und Kleinkindern
Wenn mir eine Flugbegleiterin sagt, dass ich mein Baby auf meinem Schoß anschnallen muss, dann gehe ich davon aus, dass es um die Sicherheit meines Kindes geht. Ich gehe davon aus, dass der Schlaufengurt, mit dem es an meinem Gurt mit angeschnallt wird, mein Kind im Ernstfall vor dem Schlimmsten beschützt. Tatsächlich ist aber genau das Gegenteil der Fall.
Die Gefahren des Schlaufengurtes
Der Schlaufengurt wird nämlich um den Bauch des Kindes, das am Schoß der Begleitperson sitzt, festgeschnallt und selbst mittels einer Schlaufe am Gurt des Erwachsenen eingefädelt. Während ein Erwachsener nun im Beckenknochenbereich gesichert ist, befindet sich der Schlaufengurt beim Kleinkind im Weichteilbereich. Dieser ist äußerst empfindlich und für Verletzungen anfällig. Im Falle von unvorhergesehenen Ereignissen kann dies zu schweren bis zu tödlichen Verletzungen des Kindes führen. Schon bei starken Turbulenzen oder Notlandungen, die bei Erwachsenen keine nennenswerten Spuren hinterlassen, kann der Schlaufengurt bei Babys schwerwiegende Verletzungen zur Folge haben.
Diese Vorgehensweise geht auf die EU-Verordnung “EU-OPS” zurück. Gemäß dieser müssen seit August 2008 bei allen europäischen Fluglinien Kleinkinder unter 2 Jahren, die auf dem Schoß eines Erwachsenen sitzen, mittels dieses Schlaufengurtes angehängt sein. Und das, obwohl die Gefahren bekannt sind. Zahlreiche Studien belegen, dass diese Praxis ein lebensbedrohendes Risiko für Babies darstellt (z.B. der US-amerikanischen und kanadischen Luftfahrtbehörde sowie des TÜV Rheinlandes im Auftrag der EASA bzw. des deutschen Bundesministeriums für Verkehr und digitaler Infrastruktur). Der TÜV Rheinland, ein unabhängiges, internationales Prüfungsunternehmen im Bereich Technik und Sicherheit, hat dazu dieses Video veröffentlicht, das veranschaulicht, was im Ernstfall passiert.
Welche Alternative zum Schlaufengurt gibt es?
Die einzige Variante, die für Babies den gleichen Sicherheitsstandard wie für Erwachsene gewährleistet, ist die Buchung eines eigenen Sitzes für das Baby sowie die Verwendung eines für das Flugzeug geeigneten Kindersitzes. Dieser bewahrt das Kind im Notfall sowohl davor, ungesichert durch die Kabine geschleudert zu werden (ja, das ist tatsächlich eine potentielle Gefahr!), als auch innere Verletzungen durch den Schlaufengurt zu erleiden. Ein geeigneter Kindersitz ist übrigens auch für ältere Kinder aus den gleichen Gründen noch sehr viel sicherer als der im Flugzeug vorhandene Beckengurt. Dieser ist laut TÜV Rheinland erst ab einer Körpergröße von etwa 1,25 m geeignet.
Unsere Tipps für Flüge mit Babies und Kleinkindern
Seitdem wir dazu übergegangen sind, für unsere Kinder immer eigene Sitzplätze zu buchen, haben wir aber so einiges Abenteuerliches erlebt. Hier daher unsere Tipps für alle, die auch mit eigenem Sitzplatz und eigenem Kindersitz im Flugzeug reisen wollen:
- Sicherstellen, dass die Prüfnummer des für die Benutzung im Flugzeug zugelassenen Kindersitzes (“For use in aircraft”) auch auf der entsprechenden Liste der gebuchten Fluglinie steht.
- Diese Liste der Fluglinie vor dem Flug ausdrucken und mitnehmen. Uns ist es schon mehrmals passiert, dass unsere Sitze zwar auf der im Internet publizierten Liste standen, nicht aber auf der Liste, die die Fluglinie im Flugzeug mitgeführt hat. Im Zweifelsfall muss dann der Pilot entscheiden, ob mit dem Sitz geflogen werden darf oder nicht.
- Vorab ein Photo des entsprechenden Stickers mit der Nummer machen, der sich meist auf der Unter- oder Rückseite befindet. Wenn der Sitz samt Kind einmal festgeschnallt ist, dann ist es wenig lustig, ihn noch einmal komplett herauszunehmen und umzudrehen, damit das Bordpersonal die Nummer überprüfen kann.
- Sich darauf gefasst machen, dass man mehrmals und immer wieder darauf hinweisen muss, dass man wirklich einen eigenen Sitzplatz für das Kind gebucht hat, dass der Kindersitz wirklich mit ins Flugzeug kommt, und dass dieser Sitz zugelassen ist und mitgenommen werden darf.
- Manche Fluglinien gehen derzeit so weit, dass sie die Verwendung des wesentlich sichereren Kindersitzes während der kritischen Phasen (z.B. Start, Landung, Turbulenzen) sogar ausdrücklich untersagen und die Verwendung des Schlaufengurtes aktiv einfordern. Daher ist es ratsam, sich vorab zu informieren, wie die Handhabung der jeweiligen Fluglinie aussieht. In all den vielen Diskussionen, die ich in den letzten Jahren mit Flugbegleitern geführt habe, ging es übrigens immer um versicherungstechnische Gründe, nie um unsere tatsächliche Sicherheit.
Der Schlaufengurt ist in den USA übrigens aufgrund der damit verbundenen Risiken verboten. Und ja, Autofahren ist immer noch mit einem viel größeren Risiko verbunden als eine Flugreise. Aber zumindest sollte man alle Fakten kennen, bevor man einen Flug mit einem Kleinkind bucht. Dann können Eltern zumindest eine informierte Entscheidung treffen.
Eine Liste von häufigen Fragen und Antworten zum Thema ist hier zu finden.
Pressemeldungen zum Thema:
Focus, 8.10.2008
ARD, 7.11.2012
[…] Die Ferienzeiten sehen vor der Tür. Zeit für ein paar Infos zum Thema „Fliegen mit Kleinkind“ – gefunden bei Kängurukinder. […]