Die Auswirkungen von Corona auf unser Leben und unsere Sprachen
In der Woche vom 9. März ging es plötzlich Schlag auf Schlag in Österreich. Binnen weniger Tage wurde klar: unser Leben wird sich drastisch ändern.
Die Universität Wien schloss noch in der selben Woche ihre Pforten. Meine StudentInnen hatte ich erst ein einziges Mal in der ersten März Woche gesehen und dann wurde schon auf Home-Learning umgestellt. Seitdem unterrichte ich online via Zoom.
Mit Montag, dem 16. März war dann auch unsere Schule geschlossen und alle drei Kinder waren Zuhause. Mein Mann hatte zu diesem Zeitpunkt bereits ins Homeoffice gewechselt.
Alle Zuhause
Jetzt waren wir also alle daheim. Einkäufe beim Supermarkt für die Lieferung nach Hause bestellen war nur mehr mit wochenlanger Wartezeit möglich. Alle Termine wurden abgesagt oder auf online Termine umgestellt.
Das Haus verließen wir anfangs gar nicht, später dann gerne eher am Abend, wenn alle anderen schon zuhause waren. Unsere Kinder gingen sowieso kaum mehr vor 10 schlafen, da nutzten wir die Zeit lieber am Abend, wenn sonst niemand unterwegs war.
Ich will nicht lügen, es war nicht immer einfach, dass wir alle 5 immer Zuhause waren. Aber für uns haben die Vorteile definitiv überwogen. Wir mussten weniger Zeit in Schulwege investieren, ich konnte untertags Termine wahrnehmen, da mein Mann ja auch mal Pause machte. Im Endeffekt war ich war so produktiv wie schon lange nicht mehr. Als Krönung konnte ich innerhalb weniger Wochen einen Podcast starten und veröffentlichen.
Die Kinder genossen es sowieso, daheim zu sein und spielen zu können. Und für meinen Mann gibt es nichts Schöneres, als seine Familie um sich zu haben. Er konnte insgesamt mehr Zeit mit den Kindern verbringen und sogar regelmäßig mit uns gemeinsam mittagessen.
Das Homeschooling habe ich übrigens verdrängt. Meine Tochter glaub ich auch. Am Anfang lief es noch recht gut, dann mehr recht als schlecht und schlussendlich hörten wir damit auf. Im Sinne unserer Beziehung war es die einzig richtige Entscheidung für unsere Familie.
Auswirkungen auf unsere Sprachen
Die Sprache unseres Jüngsten machte in der Zeit Zuhause einen Riesensprung nach vorne. Für ihn änderte sich insgesamt ohnehin nicht viel, außer dass er seine Schwester nun ständig um sich hatte, was er sichtlich genoss. Er hätte in der Kleinkindergruppe eingewöhnt werden sollen, aber das fiel natürlich auch Corona zum Opfer. Ihn hat das nicht weiter berührt. Mich im Endeffekt ehrlich gesagt auch nicht.
Was aber in Bezug auf seine Sprache besonders spannend zu beobachten ist: da er insgesamt mehr Zeit mit seinem Papa verbrachte, spiegelt sich das natürlich direkt in seinem Sprachgebrauch wider. Er hat eine große Menge an griechischen Wörtern in Verwendung und sogar schon die ersten Versuche mit griechischer Morphologie hinter sich. Der Papa ist natürlich megastolz. Und ich sehe wieder ganz klar in meiner eigenen Familie, was ich allen Eltern immer mit auf den Weg gebe: die Menge an Input steht in direktem Zusammenhang mit der Sprachkompetenz der Kinder.
Den Mädchen fehlt leider die griechische Schule, mit der sie im September erst begonnen hatten. Sie wird dieses Schuljahr auch nicht mehr aufsperren, da zu viele Kinder aus zu vielen verschiedenen Schulen zusammenkommen würden. Das Fehlen dieses Inputs schlägt sich leider auch deutlich in ihrer Bereitschaft, Griechisch zu sprechen, nieder. Während die Mittlere um Weihnachten herum noch eifrig griechische Lieder gesungen und Gedichte rezitiert und die Älteste mit Begeisterung ihre Schreib- und Lesefähigkeit geübt hatte, ist ihr Griechisch jetzt ziemlich stumm geworden. Die beiden Schwestern sind dicke Freundinnen (meistens), und ihre Beziehungssprache ist einfach Deutsch. Hier dürfen wir wieder mehr daran arbeiten und sie proaktiver darin unterstützen, ihr Griechisch auch aktiv am Leben zu erhalten.
Unsere aktuelle Situation
Mittlerweile sind wir bei Ende Mai angelangt. In den letzten Wochen waren die Kinder und ich dann auch untertags immer öfter draußen. Die Spielplätze waren bis vor kurzem noch geschlossen, was mich wenig störte. Ich bin keine Spielplatzmama. Dafür erkundeten wir die Umgebung. Ich hatte ja keine Ahnung, wie viele verborgene, verschlungene Waldwege es direkt vor unserer Haustüre zu entdecken gab! Die Kinder lieben das freie Spiel in der Natur. Und ich liebe es, sie dabei zu beobachten.
Die Schule hat letzte Woche wieder ihre Tore geöffnet, die Älteste geht jeden zweiten Tag für 4 Stunden. Die Mittlere geht an den gleichen Tagen für die gleiche Zeit ins Kinderhaus. Mittagessen wird es in der Schule dieses Semester gar nicht mehr geben. Ab Juni wird immerhin die Zeit von 4 auf 5 Stunden ausgedehnt. Es bleibt aber bis Ende des Schuljahres bei nur jedem zweiten Tag und dabei, dass sie immer nur die Hälfte ihrer Schulkameraden sehen wird. Obwohl es einige Hygienevorschriften in der Schule zu beachten gibt, fühlt sie sich aber wieder sehr wohl und findet es zumindest bis jetzt gar nicht mühsam. Im Kinderhaus hat sich für die Kinder nicht viel geändert. Und so glücklich unsere Kinder Zuhause auch sind, die Abwechslung macht ihnen sichtlich auch Spaß.
Das öffentliche Leben findet in Österreich mit Einschränkungen wieder statt. An meinem Geburtstag waren wir sogar ganz vorzüglich essen, was für ein Geschenk. Ich mache die Arzttermine, die abgesagt werden mussten, wieder neu aus. Und zum Friseur geh ich sicher auch bald. Wir sind dennoch meistens noch Zuhause.
Wie es bei uns weitergeht
Unsere Oma haben wir seit Ende Februar nicht mehr gesehen und im Moment ist unklar, wann wir sie endlich wieder umarmen dürfen. Das ist nicht leicht.
Der Griechenlandurlaub ist für diesen Sommer auch gestrichen. Das schmerzt vor allem meinen Mann, der seinen Papa natürlich wieder sehen möchte, und unsere Älteste, die sich schon daran gewöhnt hat, ihren Geburtstag am Strand und mit gegrilltem Oktopus zu verbringen.
Dennoch. Es geht uns gut. Wir sind alle gesund. Unsere Lieben sind alle gesund. Und wir sind beisammen. Und jetzt überlege ich, wohin wir diesen Sommer doch noch auf Urlaub fahren könnten.
Wie schaut es eigentlich bei euch aus? Wie wirkt sich Corona auf euer Familienleben und eure Sprachen aus? Ich bin gespannt, hinterlass mir gerne einen Kommentar.
Ja, hier hat Corona auch einen deutlichen Einfluß auf unsere Sprachen gehabt. Ich lebe in den Niederlanden und spreche Deutsch mit unserem 3,5 jährigen. Der spricht in letzter Zeit fast ausschliesslich Deutsch mit mir und auch mit seinem Vater (dessen Deutsch eigentlich ziemlich gut ist). Mein Mann hatte am Ende vom Lock-down hier ein bisschen die Nase voll und hat dann unsere Regel am Esstisch Deutsch zu sprechen einfach fallen gelassen, weil er meinte unser Sohn bekäme jetzt schon genug deutsche Einflüße, spräche seiner Meinung nach gut genug Deutsch und er fände das nicht nötig.
Ich fand das ein bisschen unfair, weil er sobald er fand dass seine Sprache der Underdog wurde unsere gemeinsam gesetzten Ziele einfach ignoriert hat. Dabei ist meine Sprache im normalen Leben hier immer der Underdog und ich arbeite sehr hart dafür unseren Kindern so viel Deutsch wie möglich zu bieten. Ich habe auch schon ein bisschen Bammel, weil der Kleine am Ende des Jahres in die Schule kommt und dann Niederländisch die Hauptsprache wird und ich immer fro bin mit jedem deutschen Wort oder Satz den unser Sohn sagt. Aber gleichzeitig wollte ich darüber keinen Streit anfangen… wir hatte eh schon genug zu tun… Aber um Großen und Ganzen hat Corona der deutschen Sprache unseres Sohnes unheimlich geholfen. 🙂